Paket für Bürokratieerleichterungen (Bundesregierung)

Das Bundeskabinett hat am 13.04.2021 ein 22-Punkte-Paket für Bürokratieerleichterungen beschlossen. Dieses enthält u.a. Maßnahmen, die das Statusfeststellungsverfahren, die kleineren PV Anlagen, Betriebsprüfungen und verbindliche Auskünfte betreffen.

Damit setzt die Bundesregierung einen Auftrag des Koalitionsausschusses vom 25.8.2020 um. Das Bürokratieentlastungspaket enthält 22 konkrete Maßnahmen, um Unternehmen, staatliche Stellen und Bürger von Bürokratie zu entlasten.

Im Einzelnen ist folgendes geplant:

 

Entlastung und Stärkung von Unternehmen

 

  1. Schaffung eines Basisregisters für Unternehmensstammdaten

 

Das Basisregister für Unternehmensstammdaten in Verbindung mit einer bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer ist ein zentraler Vorschlag der ressortübergreifenden Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reduzierung von Statistikpflichten.

 

Die Umsetzung dieses Vorschlags soll noch 2021 begonnen werden; nach einer umfassenden Implementierungs- und Erprobungsphase soII die erste Ausbaustufe des Basisregisters ab 2024 betriebsreif sein. Damit die entsprechenden Vorarbeiten beginnen können, soll das entsprechende Gesetz zur Schaffung eines Basisregisters für Unternehmensstammdaten (Unternehmensbasisdatenregistergesetz) noch in dieser Legislatur verabschiedet werden.

 

  1. Verbindliche Auskünfte bei Steuerfragen schneller erteilen

 

Steuerpflichtige sollen künftig eine verbindliche Auskunft zu steuerlichen Sachverhalten innerhalb von drei Monaten erhalten. In diesem Zusammenhang soll geprüft werden, ob die Zuständigkeit für verbindliche Auskünfte im Zusammenhang mit Organschaften bei der für den Organträger zuständigen Finanzbehörde zentralisiert werden sollte.

 

  1. Zeitnahe Betriebsprüfungen durch die Finanzbehörden

 

Künftig sollen Betriebsprüfungen durch die Finanzbehörden zeitnah gewährleistet werden. Durch die stärkere Nutzung kooperativer Betriebsprüfungen soll dafür gesorgt werden, dass Betriebsprüfungen zeitnah, zügiger und mit kleinstmöglichem Aufwand für alle Beteiligten erfolgen können. Damit könnten insbesondere bürokratische und verwaltungstechnische Vereinfachungen geschaffen werden. In diesem Zusammenhang werden nach Abschluss der Bund-Länder-Arbeitsgruppe insbesondere die folgenden Projekte/Vorhaben umgesetzt:

  • Stärkung des Vorhaben KONSENS;
  • E-Bilanz — Rückmeldung nach Änderung durch eine Betriebsprüfung.

 

 

  1. Angleichung der Berechnungsmethoden für Kleinunternehmer-Umsatzschwellen

nach AO und UStG

 

Mit der Erhöhung der Umsatzgrenze für die Ist-Besteuerung auf 600.000 Euro zum 1. Januar 2020 wurde nicht nur für mehr Liquidität in Kleinunternehmen, sondern auch für einen Gleichlauf mit den Buchführungsgrenzen der Abgabenordnung gesorgt. Allerdings gibt es immer noch Unterschiede bei den Berechnungsmethoden dieser Grenzwerte. Diese Berechnungsmethoden werden angeglichen, indem zukünftig in § 141 Abs. 1 AO auf die Berechnung in § 19 Abs. 3 UStG verwiesen wird. § 20 UStG wird in die Prüfung einbezogen.

 

  1. Vereinfachungen durch Modernisierung der Steuer-IT (Elektronische Übermittlung

von ESt4B-Mitteilungen) 

 

Einkünfte, an denen mehrere Personen beteiligt sind, werden maschinell festgestellt und anschließend den für die Besteuerung der einzelnen Personen zuständigen Finanzämtern mittels sogenannter ESt4B-Mitteilungen in Papierform mitgeteilt. Diese Finanzämter erfassen die anteiligen Einkünfte wiederum im IT-System und setzen dann die Einkommensteuer fest. Dieser aufwändige und fehleranfällige Informationsaustausch betrifft bundesweit jährlich mehr als 5 Mio. Steuerfälle.

 

  1. Erleichterte Abfrage inländischer Umsatzsteuer-Identifikationsnummern mit

qualifizierter Bestätigung durch das BZSt

 

Bisher ist eine Bestätigung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nur über ein Antragsformular beim BZSt möglich. Daher soll eine erleichterte Abfragemöglichkeit gemeinsam mit den Ländern geprüft werden und darüber im ersten Halbjahr 2021 entschieden werden.

 

  1. Feststellung der umsatzsteuerlichen Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nur

auf Antrag des Unternehmens

 

Die Regelung zur umsatzsteuerlichen Organschaft ist immer wieder Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung. Daher soll nach Abschluss der Vorarbeiten der Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf deren Grundlage ein Antragsverfahren eingeführt werden, wonach eine umsatzsteuerliche Organschaft möglichst nur auf Antrag und durch eine entsprechende Bestätigung der Finanzverwaltung über das Vorliegen der rechtlichen Kriterien entstehen kann.

 

  1. Vereinheitlichung der Umlagesätze der Kranken- und Mutterschutz-Umlagen

(U1/U2) und einheitliche verbindliche Auskünfte zu Fragen der Sozialversicherung

 

Die Umlageverfahren U1 und U2 federn finanzielle Belastungen von Arbeitgebern aus der Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Mutterschaft ihrer Arbeitnehmer ab. Beim U1- und U2-Verfahren werden die Beitragssätze zum Umlageverfahren (Umlagesätze) kassenindividuell abhängig davon festgelegt, welche Risiken die einzelnen Krankenkassen in welcher jährlichen Höhe abzusichern haben. Der Umlagesatz für den Arbeitgeber richtet sich dabei danach, bei welcher Krankenkasse seine Arbeitnehmer versichert sind. Die Höhe der Erstattung variiert im U1-Verfahren kassenindividuell von 40 bis 80 Prozent des fortgezahlten Arbeitsentgelts. Der Umlagesatz orientiert sich dann daran, welchen Erstattungssatz der Arbeitgeber gewählt hat. Beim U2-Verfahren beträgt der Erstattungssatz immer 100 Prozent. Das heutige Verfahren führt zu einer unterschiedlichen Kostenbelastung insbesondere der kleinen Arbeitgeber im U1-Verfahren für gleichartige Leistungen. Es soll geprüft werden, ob und inwiefern die gesetzlichen Rahmenbedingungen bei den Umlageverfahren nach dem AAG so weiterentwickelt werden können, dass die Beitrags-und Erstattungssätze kassenweit vereinheitlicht werden. Der im Rahmen des Bundesprogramms „Bessere Rechtsetzung 2018“ ergangene Auftrag, gemeinsam mit den Einzugsstellen zu prüfen, ob und inwieweit Verbesserungen notwendig sind, um eine einheitliche Rechtsanwendung durch qualitätsgesicherte Auskünfte von den Krankenkassen gegenüber den Arbeitgebern sicherzustellen, wird weiterverfolgt. Für die erarbeiteten Lösungen gilt, dass sie in einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen müssen. Dies ist bei der Prüfung zu berücksichtigen.

 

  1. Statusfeststellungsverfahren für Selbständige beschleunigen und digitalisieren

 

Das Statusfeststellungsverfahren für Selbstständige sollvereinfacht und zwischen den unterschiedlichen Zweigen der Sozialversicherung widerspruchsfrei ausgestaltet werden. Es wird deshalb angestrebt, die Verfahrensdauer zu verkürzen und das Verfahren transparenter zu gestalten.

 

  1. Erleichterung für junge Unternehmen im Vergabeverfahren

 

Unternehmen, die noch nicht lange am Markt sind, fällt es häufig schwer, sich an Vergabeverfahren erfolgreich zu beteiligen. Möglicher Grund ist die Praxis mancher Vergabestellen, entgegen der bereits bestehenden rechtlichen Möglichkeiten und Vorgaben allein auf erfahrene Unternehmen mit einschlägigen Referenzprojekten zu setzen. Um die Beteiligung von jungen Unternehmen in Vergabeverfahren zu stärken, soll in der Praxis und im gesetzlichen Rahmen darauf hingewirkt werden, dass öffentliche Auftraggeber keine Anforderungen stellen, die nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sind. Das gilt insbesondere für das Erfordernis mehrjähriger Erfahrung und zahlreicher Referenzprojekte.

 

  1. Berichtspflicht für Kraftstoffe

 

Es sollen die Berichtspflichten für Kraftstoffe in der 38. BImSchV abgeschafft werden, die durch Änderung der europarechtlichen Grundlage nicht mehr zwingend erforderlich sind.

 

  1. Doppelprüfungen für Abgasmessgeräte reduzieren

 

Bei Abgasmessgeräten kommt es derzeit zu Doppelprüfungen durch Eichung und Kalibrierung. Um die davon betroffenen 35.000 AU-Werkstätten sowie technischen Prüfstellen und Überwachungsorganisationen zu entlasten, soll für diese Messgeräte eine Verwendungsausnahme vorgesehen werden.

 

  1. Erleichterungen für die Landwirtschaft

 

Das zusätzliche System der Zahlungsansprüche im Fördervollzug soll im Rahmen der GAP ab 2023 abgeschafft werden. Deutschland verfügt über eine bundesweit einheitliche Höhe der Direktzahlungen der 1. Säule. Damit sind für die Berechnung der Direktzahlungen allein die förderfähigen Einheiten des Betriebs maßgeblich. Das parallel bestehende System der Zahlungsansprüche und deren erforderliche jährliche Aktivierung im Rahmen der Antragstellung sind mittlerweile entbehrlich, da weitere zu berücksichtigende Berechnungsparameter nicht bestehen. Die bisherige Notwendigkeit, zusätzlich Zahlungsansprüche zu beantragen, werden wir abschaffen. Bei der Beantragung der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung werden oft schematisch alle in Frage kommenden Unterlagen (Einheitswertbescheid, Einkommensteuerbescheid, Bescheid der Berufsgenossenschaft) angefordert. Das Verfahren soll durch Zulassung weiterer Nachweismöglichkeiten für das Vorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (z. B. die vom Zoll vergebene Agrardieselnummer) vereinfacht werden.

 

  1. Experimentierklauseln/Reallabore

 

In Fachgesetzen soll die Möglichkeit zum „Ausprobieren“ verstärkt werden. Dazu sollen vermehrt Experimentierklauseln genutzt werden, um insbesondere Reallabore zu ermöglichen. Deshalb soll im Rahmen des Ressortprinzips in Zukunft für jedes Gesetz geprüft werden, ob durch die Aufnahme einer Experimentierklausel innovativen Leistungen Freiraum gegeben werden kann.

 

  1. Verbesserung des Regulierungsrahmens für Unternehmensübergaben

bzw. -nachfolgen

 

Um die Attraktivität von Unternehmensnachfolgen für Gründungsinteressierte zu steigern, sollen die bestehenden Regulierungsrahmen für Unternehmensübergaben bzw. -nachfolgen durch gezielte Anpassungen sowie Anwendungsverordnungen unter Einbeziehung Betroffener vereinfacht werden. Es wurde bereits beschlossen eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Task Force Unternehmensnachfolge“ einzusetzen, die der Ministerpräsidentenkonferenz bis Juni 2021 erste konkrete Maßnahmen zur Rechtsvereinfachung vorschlagen soll.

 

Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern

 

  1. Modernisierung der Statistiken des Bundes zur Entlastung der

Auskunftspflichtigen

 

Die Statistiken des Bundes sollen modernisiert werden, um Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen von Aufwand durch Befragungen und Meldepflichten zu entlasten. Konkret sollen die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, um dem Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder für Bundesstatistiken den Zugang zu Angaben aus allgemein zugänglichen Quellen mittels automatisierter Abrufverfahren zu erlauben. Auf diese Weise können etwa Internetdaten für die Preis- oder Arbeitsmarktstatistik verwendet und der Personalaufwand für die manuelle Erhebung von Daten erheblich reduziert werden. Ferner werden wir den Zugang zu Satellitenaufnahmen für Zwecke der Agrarstatistik vereinfachen, um diese unabhängig von bisherigen Meldewegen zu machen und Analysen über administrative Grenzen hinweg zu erlauben. Zudem sollen die Übermittlung aggregierter Mobilfunkdaten für Mobilitätsanalysen geregelt und die Nutzbarkeit für die Darstellung kleinräumiger Bevölkerungsstatistiken geprüft werden.

 

 

  1. Erleichterte und digitale Beantragung von Familienleistungen

 

Mit dem 2020 vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetz zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen sollen die Beantragung von Familienleistungen erleichtert werden.  Mit der Einwilligung der Antragstellenden können viele Nachweispflichten durch elektronischen Datenaustausch zwischen den Behörden ersetzt werden. Spätestens 2022 soll das bundesweit möglich sein.

 

 

  1. Vereinfachungen für Betreiber von kleinen Photovoltaik-Anlagen

 

Die Regelungen für Bau- und Betrieb kleiner Anlagen sollen so einfach wie möglich gefasst werden. Die Regelungen im Gewerbesteuerrecht sollen vereinfacht werden: Für kleine Photovoltaik-Anlagen entfällt künftig die Pflicht, eine Gewerbesteuererklärung abgeben zu müssen.

 

 

Verbesserung von Planungs- und Genehmigungsprozessen

 

  1. Prüfung der dauerhaften Nutzung der Instrumente des

Planungssicherstellungsgesetzes

 

Das Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) erweitert für die besondere Situation der COVID-19-Pandemie die Handlungsoptionen für die Durchführung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Es soll bewährte Anhörungs- und Auslegungsverfahren nicht verdrängen, sondern insbesondere um digitale Optionen ergänzen. Das PlanSiG war bis zum 31.03.2021 befristet. Seine Geltungsdauer wurde bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Durch die Verlängerung steht auch ein größerer Zeitraum zur Verfügung, um die Instrumente des PlanSiG zu evaluieren. Dabei soll auch geprüft werden, inwiefern digitale Optionen weiterhin zur Verfügung stehen sollten.

 

 

  1. Planungspauschale ohne Verwendungsnachweisprüfung

 

Für Förderprogramme des Bundes, die sich an KMU richten, soll regelmäßig davon Gebrauch gemacht werden, dass die Förderung von Planungskosten als Pauschale in einer zu definierenden Höhe ohne Prüfung des Verwendungsnachweises gewährt wird (Ausnahme von § 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO) grundsätzlich möglich entsprechend den Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO). Dies erleichtert beiden Seiten die Arbeit. Es soll die Ergänzung der Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO um eine spezielle Soll-Vorschrift für KMU geprüft werden.

 

  1. Präklusion

 

Die Einführung einer rechtssicheren materiellen Präklusionswirkung für die Bereiche Schiene, Straße und Wasserstraße kann eine Beschleunigung von Genehmigungs- und Gerichtsverfahren bewirken. Die Bundesregierung prüft, ob das aktuelle EuGH-Urteil neue Perspektiven für die Auslegung des EU-Rechts zur materiellen Präklusion eröffnet, um diese nutzen zu können. Die Bundesregierung wird dazu zeitnah eine Auswertung vorlegen.

 

  1. Vereinfachung des Mobilfunkausbaus

 

Um das Ziel der flächendeckenden Mobilfunkversorgung im Bauplanungsrecht zu stärken, soll der Mobilfunknetzausbau künftig in den Katalog der zu berücksichtigenden Belange bei der Bauleitplanung aufgenommen werden. Zudem sollen Mobilfunkanlagen künftig grundsätzlich in allen ausgewiesenen Baugebieten der Baunutzungsverordnung (BauNVO) allgemein zulässig sein.