Kein Spekulationsgewinn bei Enteignung

Eine Enteignung kann nicht zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn führen. Hierfür fehlt es an einer willentlichen Veräußerung.

Hintergrund

Ein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn bei Immobilien entsteht bei einem Grundstück, wenn das Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach seiner Anschaffung veräußert wird.

Sachverhalt

Der Kläger war zur Hälfte Miteigentümer eines Grundstücks. Im Jahr 2005 erwarb er im Zwangsversteigerungsverfahren die andere Hälfte hinzu und war damit Alleineigentümer. Im Jahr 2008 erließ die Gemeinde einen sog. Sonderungsbescheid, durch den der Kläger aus Gründen des Liegenschaftsrechts enteignet wurde. Im Jahr 2009 erhielt der Kläger eine Entschädigung von der Gemeinde in Höhe von 600.000 €, die hinsichtlich des im Jahr 2005 hinzuerworbenen Miteigentumsanteils zu einem Gewinn von ca. 175.000 € führte, der nach Auffassung des Finanzamts als Spekulationsgewinn steuerpflichtig war.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Ein Spekulationsgewinn bei Grundstücken setzt eine Anschaffung und eine Veräußerung innerhalb von zehn Jahren voraus. Damit sind ein entgeltlicher Erwerb und eine entgeltliche Veräußerung gemeint.
  • Sowohl der Erwerb als auch die Veräußerung müssen willentlich erfolgen, also vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen. Denn die Steuerpflicht von Spekulationsgewinnen soll die wirtschaftliche Betätigung des Steuerpflichtigen erfassen.
  • Zwar erfolgte der Erwerb eines hälftigen Miteigentumsanteils im Zwangsversteigerungsverfahren im Jahr 2005 willentlich; denn der Kläger hat willentlich ein Meistgebot abgegeben. Die Enteignung durch die Gemeinde war jedoch keine willentliche Veräußerung, da Enteignungen entweder ohne oder aber gegen den Willen des Eigentümers durchgeführt werden. Der Gewinn ist daher nicht steuerpflichtig.

Hinweis: Anders ist die Rechtslage, wenn es sich um ein betriebliches Grundstück handelt. Hier wäre die Entschädigung als Betriebseinnahme zu erfassen; denn bei Unternehmern setzt die Steuerpflicht eine bloße Gewinnverwirklichung voraus, ohne dass es auf den Willen des Unternehmers ankommt.