Die Grundsteuerreform – Zeit zu Handeln

Das Bundesverfassungsgericht hat am 10. April 2018 entschieden, dass die Bewertung der Grundstücke im Rahmen der Grundsteuer mit dem Einheitswert verfassungswidrig ist. Der Gesetzgeber war also verpflichtet die Grundsteuer neu zu regeln. Diese Neuregelung soll zum 01. Januar 2025 in Kraft treten. In der Zwischenzeit müssen von der Finanzverwaltung bundesweit rd. 36 Millionen unbebaute und bebaute Grundstücke sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe neu bewertet werden.

 

Das System der Grundsteuer sollte eigentlich bundesweit einheitlich geregelt werden. Es gibt aber eine Öffnungsklausel. Hiervon haben bisher folgende Bundesländer Gebrauch gemacht:

– Baden Württemberg

– Bayern

– Hamburg

– Hessen

– Niedersachsen

– Saarland und

– Sachsen

 

Die Berechnung nach dem Bundesmodell

Beim Bundesmodell wird die Grundsteuer in einem dreistufigen Verfahren ermittelt:

 

  1. Stufe: Ermittlung des Grundsteuerwerts durch das Finanzamt

 

  1. Stufe: Anwendung der Steuermesszahl und Berechnung des Steuermessbetrags durch das Finanzamt

 

  1. Stufe: Anwendung des Hebesatzes durch die Gemeinde

 

Die Berechnungsformel für die Grundsteuer lautet demnach:

Grundsteuerwert × Steuermesszahl × Hebesatz = Grundsteuer

 

Die Stufe 1 beinhaltet allerdings noch einige sehr ausführliche Rechenschritte.

 

Grundsteuerwert

Für die Berechnung des Grundsteuerwerts bei bebauten Grundstücken gibt es zwei Verfahren:

– das Ertragswertverfahren und

– das Sachwertverfahren.

 

Das Ertragswertverfahren gilt für

  • Ein- und Zweifamilienhäuser,
  • Mietwohngrundstücke und

 

Das Sachwertverfahren findet Anwendung bei

  • Geschäftsgrundstücken,
  • gemischt genutzten Grundstücken,
  • Teileigentum und
  • sonstigen bebauten Grundstücken.

 

In Abhängigkeit von dem Bewertungsverfahren fließen unterschiedliche Faktoren in die Berechnung ein.

Für das Ertragswertverfahren sind dies insbesondere:

  • Grundstücksfläche
  • Bodenrichtwert
  • Alter des Gebäudes
  • Wohnfläche
  • Mietniveaustufe
  • monatliche Nettokaltmiete

 

Die relevanten Daten beim Sachwertverfahren sind unter anderem:

  • Grundstücksfläche
  • Bodenrichtwert
  • Alter des Gebäudes
  • Brutto-Grundfläche des Gebäudes
  • Herstellungskosten des Gebäudes

 

Bei unbebauten Grundstücken errechnet sich der Grundsteuerwert aus Bodenrichtwert und Grundstücksfläche.

 

Steuermesszahl, Steuermessbetrag

In der 2. Stufen wird der Steuermessbetrag wie folgt ermittelt:

Grundsteuerwert × Steuermesszahl = Steuermessbetrag

 

In Abhängigkeit von der Bebauung beträgt die Steuermesszahl 0,31‰ oder 0,34‰. Für den sozialen Wohnungsbau, nach dem Wohnraumförderungsgesetz geförderte Wohnungen und bei Denkmälern reduziert sich die Steuermesszahl.

 

Hebesatz

In der 3. Stufe wird der von der Gemeinde festgesetzte Hebesatz auf den Steuermessbetrag angewendet. Von diesem Hebesatz ist im Wesentlichen die Höhe der Grundsteuer abhängig.

 

Handlungsbedarf

Alle Grundstücke in Deutschland müssen von der Finanzverwaltung neu bewertet werden. Hierzu sind die Steuerpflichtigen mit Grundbesitz verpflichtet eine „Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes“ abzugeben. Die Aufforderung erfolgt nicht postalisch, sondern mittels öffentlicher Bekanntmachung in Amtsblätter, Tageszeitungen und Internetportalen. Im Bundessteuerblatt vom 30. März 2022 erfolgte bereits die Aufforderung zur Abgabe der o.a. Feststellungserklärung.

Stichtag für die erste Hauptfeststellung ist der 01. Januar 2022.

 

Die Erklärungen sind nach derzeitigem Stand im Zeitraum vom 01. Juli 2022 bis 31. Oktober 2022 einzureichen. Die Übermittlung muss zwingend elektronisch erfolgen. Die elektronischen Formulare werden ab 01. Juli 2022 u.a. im Online-Portal „Mein ELSTER“ bereitgestellt. Für die elektronische Übermittlung über das Portal „Mein ELSTER“ ist ein Benutzerkonto erforderlich. Sofern Sie noch nicht über einen Zugang verfügen, können Sie dort eine Registrierung vornehmen. Diese ist kostenlos und kann bis zu zwei Wochen dauern.

 

Um keine Zeit zu verlieren sollten Sie möglichst zeitnah die notwendigen Unterlagen sammeln. Dies sind in Abhängigkeit von dem Bewertungsverfahren insbesondere

 

  • Gemarkung und Flurstück des Grundvermögens,
  • Eigentumsverhältnisse,
  • Grundstücksart (unbebaut, Wohngrundstück, andere Bebauung),
  • Grundstücksgröße,
  • bisherige Einheitswertbescheide
  • Wohn-/Bruttogrundfläche
  • Baujahr
  • Historische Bauunterlagen, Unterlagen zu Modernisierungen, Erweiterungen etc.
  • Anzahl der Garagen/Tiefgaragenplätze
  • Anzahl der Wohnungen
  • Bodenrichtwert
  • Angaben zu Steuerbefreiungen/-vergünstigungen

 

Aus dem Grundbuchauszug können einige der o.a. angeforderten Daten entnommen werden. Die meisten Bundesländer beabsichtigen ein Informationsschreiben an die Grundstückseigentümer zu verschicken. Hierin sollten alle wichtigen Daten für die Erklärung enthalten sein. Für Rheinland-Pfalz ist die Versendung in den Monaten Mai bis Juli 2022 geplant.

 

Im Zeitrahmen von Ende 2022 und 2024 werden die Finanzämter entsprechende Feststellungsbescheide hinsichtlich der Grundsteuerwerte und der Steuermessbeträge erlassen.

 

Ab dem 01.Januar 2025 ist die neue Grundsteuer dann zu zahlen.

 

Wer ist zur Abgabe der Erklärung verpflichtet?

Zur Abgabe der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts sind folgende Personen verpflichtet:

 

  • Eigentümerinnen oder Eigentümer eines Grundstücks
  • Eigentümerinnen oder Eigentümer eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft
  • Bei Grundstücken, die mit einem Erbbaurecht belastet sind: Erbbauberechtigte unter Mitwirkung der Eigentümerin oder des Eigentümers des Grundstücks (Erbbauverpflichtete)
  • Bei Grundstücken mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden: Eigentümerinnen oder Eigentümer des Grund und Bodens unter Mitwirkung der Eigentümerin oder des Eigentümers des Gebäudes.

 

Maßgebend für die persönliche Erklärungspflicht sind die Verhältnisse am 1.1.2022.

 

Sofern der Grundstückseigentümer keine Feststellungserklärung abgibt kann das Finanzamt Zwangsmittel festsetzen. Darüber hinaus darf das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Diese Schätzung erfolgt in der Regel nicht zugunsten des Steuerpflichtigen.

 

Fazit:

Für die betroffenen Steuerpflichtigen wartet aufgrund der Datensammlung viel Arbeit. Der Handlungszeitrahmen ist äußerst eng gesetzt. Ich empfehle Ihnen daher frühzeitig mit der Zusammenstellung der Unterlagen und Informationen zu beginnen. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht alle Bundesländer einheitlich vorgehen, sondern ihre eigenen Bewertungsmodelle umsetzen. Je nach Lage des Grundstücks werden daher unterschiedliche Angaben für die Feststellungserklärungen benötigt. Ob die beabsichtigte Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform erreicht wird ist im Wesentlichen abhängig von der Anpassung der Hebesätze durch die Gemeinden.

 

Ralph Neumann

Dipl. Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater